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Heilpflanzen und Gewürze in mittelalterlicher Kulinarik und Medizin

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Als eines der Grundbedürfnisse des Menschen ist die Ernährung in allen Kulturen ein wichtiges Thema, das die verschiedensten Lebensbereiche betrifft. In der mittelalterlichen Denkweise nimmt sie einen besonders hohen Stellenwert ein, nicht nur als physische Notwendigkeit, sondern in der gesamten Lebensführung (Diätetik), einschließlich der Gesundheitsprophylaxe und darüber hinaus im symbolischen Sinn. Die gedankliche Basis für die historische Gesundheitsvorsorge bildet die aus der Antike tradierte und in der orientalischen Medizin systematisierte ganzheitliche Sicht auf das Zusammenspiel zahlreicher Einflussfaktoren, denen der Mensch als Mikrokosmos im Makrokosmos andauernd ausgesetzt sei. Die symbolische Aussagekraft rührt zum einen aus der in jener Zeit alles dominierenden christlichen Religion, zum anderen aus dem für das Mittelalter charakteristischen gesellschaftlichen Ordo-System sowie aus den sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen.

Die mittelalterliche Kulinarik Europas steht darüber hinaus nicht nur unter saisonalen und regionalen Einflüssen, sondern auch in regem Austausch mit anderen Kulturräumen (etwa durch Handelsbeziehungen und Kreuzfahrten in den Vorderen Orient). Kochrezepttexte aus dieser Zeit sind demnach nicht bloß als simple Anleitungen zur Herstellung von Speisen zu lesen, sondern transportieren zusätzlich eine Menge an kulturgeschichtlichen Informationen.

Im Rahmen des Sparkling Science-Projektes "Nahrhaftes Mittelalter" wurden Traditionslinien und Verbreitung ausgewählter mittelalterlicher Kochrezepte näher erforscht, praktisch erprobt und nach heutigen Maßstäben geprüft und bewertet. Zusammen mit den Partnerklassen wurden die in den Rezepttexten enthaltenen Informationen mit Blick auf den Kulturaustausch mit dem orientalischen Raum und die Ernährungsgewohnheiten und -trends der Gegenwart betrachtet und weiter ausgearbeitet. Der kontrastive Vergleich von Ernährungsgewohnheiten und der Gesundheitslehre des Mittelalters mit dem aktuellen Wissensstand eignet sich in besonderer Weise, den eigenen Standort in der Gegenwart zu bestimmen und zu beurteilen.

Diese Kontrasterfahrungen sind nicht nur diachron erkenntnisreich, sondern lassen sich in weiterer Folge auf die Erkundung und Bewertung kultureller Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Gegenwart übertragen und nicht zuletzt integrationspolitisch nützen.

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HIER geht es zur Sparkling Science-Projektseite.

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  • Kräuter und Gewürze zählten im Mittelalter nicht zu den Nahrungsmitteln, sondern galten in erster Linie als Heilmittel. Daher sind sie etwa in Nahrungsmitteldiätetiken in der Regel nicht verzeichnet, sehr wohl aber in Arzneimittelkompendien wie z.B. der 'Physica' Hildegards von Bingen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Kochrezeptforschung in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. können Schülerinnen und Schüler der Frage nachgehen, welche Kräuter und Gewürze in mittelalterlichen Kochrezepttexten verwendet wurden und welche Funktion ihnen von der Humoralmedizin im Rahmen einer gesunden Ernährung zugesprochen wurde.Zur Einarbeitung in das Thema bieten Schubert (2010) und Klug (2016) sowie Klug/Kranich (2016) einen leicht lesbaren Überblick. Zum Auffinden geeigneter Kochre-zepttexte kann z.B. das von Helmut W. Klug erstellte Recherchetool 'Portal der Pflanzen des Mittelalters' empfohlen werden, das eine gezielte Suche nach einzelnen Zutaten und Zutatenkombinationen erlaubt.

    vwadb.detail.literature

    • Schwinghammer, Ylva; Holanik, Wolfgang; Hofmeister-Winter, Andrea und Glänzer, Lisa: Speisen auf Reisen. Das frühneuhochdeutsche Púch von den chósten und seine Wurzeln im lateinischen Liber de ferculis und im arabischen Minhādj al-bayān in synoptischer Edi-tion mit Übersetzung und überlieferungskritischem Kommentar. Graz: Unipress 2019. (=Grazer mediävistische Schriften: Quellen und Studien. 2.)
    • Schwinghammer, Ylva; Damberger, Johanna; Holanik, Wolfgang; Halb, Magdalena und Glänzer, Lisa: Nahrhaftes Mittelalter – Historische Kulinarik zwischen Orient und Okzi-dent. Ausgewählte Kochrezepte aus dem frühneuhochdeutschen Púch von den chósten mit Erläuterungen zu Kulturgeschichte und gesundheitlichen Aspekten sowie modernen Interpretationen zum Nachkochen. Graz: Unipress 2020.
    • Hildegard von Bingen: Heilsame Schöpfung – Die natürliche Wirkkraft der Dinge. Physica. Vollst. neu übers. u. eingeleitet v. Ortrun Riha. Hrsg. v. der Abtei St. Hildegard. Rüdesheim, Eibingen: Beuroner Kunstverlag 2012.
    • Hofmeister-Winter, Andrea: Schmackhaft und gesund: Salsen, Senf und Latwerge als Beispiele für humoralmedizinisch wirksame Speisen in der mittelalterlichen Kulinarik. In: Steiermärkische Landesbibliothek (Hrsg.): „Man nehme …“. Kochbücher und ihre Re-zeption im Laufe der Jahrhunderte. Beiträge zum Symposium „Man nehme …“ 2015. Graz 2016, S. 137-170.
    • Kasper, Judith: Zucker, Zimt und Koriander. Studie zur Diätetik der Gewürze im Codex germanicus monacensis 415. Diplomarbeit, Graz 2019. URL: https://unipub.uni-graz.at/download/pdf/3764301.
    • Klug, Helmut Werner Mittelalterliche Kulinarik: ein schlaglichtartiger Aufriss einer fremden Kultur. In: Steiermärkische Landesbibliothek (Hrsg.): "Man nehme ..." - Kochbücher und ihre Rezeption im Laufe der Jahrhunderte. Beiträge zum Symposium "Man nehme ..." 2015. Graz 2016, S. 33-103.
    • Klug, Helmut W.; Kranich, Karin: Ursprung und Grundlagen der europäischen Temperamente- Medizin und deren Einfluss auf 'speiz und tranck' im Mittelalter. In: Steiermärkische Landesbibliothek (Hrsg.): "Man nehme ..." - Kochbücher und ihre Rezeption im Lau-fe der Jahrhunderte. Beiträge zum Symposium "Man nehme ..." 2015. Graz 2016, S. 105-131.
    • Klug, Helmut W.: gewürcz wol vnd versalcz nicht. Auf der Suche nach skalaren Erklärungsmodellen zur Verwendung von Gewürzen in mittelalterlichen Kochrezepten. In: Medium Aevum Quotidianum 61 (2010), S. 56-83.
    • Portal der Pflanzen des Mittelalters / Medieval Plant Survey. Redaktion: Helmut W. Klug. Technische Leitung: Roman Weinberger. 2009–2016. URL: http://medieval-plants.org/
    • Schubert, Ernst (2010): Essen und Trinken im Mittelalter. 2., unver. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
    • Sulzer, Elisabeth: Darmgesundheit im Mittelalter. Analyse ausgewählter deutschsprachiger Kochrezepttexte aus dem Münchener Arzneibuch Cgm 415 vor dem Hintergrund der Humoralmedizin und Versuch einer kritischen Bewertung im Lichte moderner pharmakologischer Erkenntnisse. Mit einem Geleitwort von Andrea Hofmeister-Winter. Frankfurt am Main [u. a.]: Peter Lang 2016. (Mediävistik zwischen Forschung, Lehre und Öffentlichkeit. 11.)
    • Zotter, Hans: Das Buch vom gesunden Leben. Die Gesundheitstabellen des Ibn Butlan in der illustrierten deutschen Übertragung des Michael Herr. Nach der bei Hans Schott er-schienenen Ausgabe Straßburg 1533. Mit 32 getreuen Farbwiedergaben aus dem Tacuinum sanitatis Codex Vindobonensis 2396. Graz: ADEVA 1988.

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    • Besonders für AHS geeignet
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    • Für Spezialist/innen

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    Germanistische Mediävistik

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    Mittelalter, Nahrung, Nahrungsmitteln, Küche, Orient, Mitteleuropa

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    Mag. Dr. Ylva Schwinghammer

    ylva.schwinghammer@uni-graz.at

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