Dr. Stephan Nicolussi-Köhler
- 1-2 Besuche pro Semester
- Bevorzugte Regionen: Tirol (Andere Regionen nach Verfügbarkeit möglich. )
- Besucht gerne folgende Schulstufen: SEK II
- Keine anfallenden Kosten für die Schule
Forschungsschwerpunkte
- Geschichte des europäischen Mittelalters mit einem Schwerpunkt auf Wirtschafts- und Sozialgeschichte: u.a. Kreuzzüge, mediterraner Fernhandel und mittelalterliche Kreditmärkte mit Schwerpunkt auf den Mittelmeer- und Alpenraum
- Mich interessieren vor allem Fragen über die Verfasstheit der mittelalterlichen Welt in Bezug auf das Wirtschaften von Gemeinschaften: Woher kam das in den Fernhandel investierte Geld? Wie wurden Handelsgeschäfte, die über weite Distanzen und mehrere Monate oder gar Jahre dauerten, abgewickelt? Wie lebten die unteren 99% der Bevölkerung, also die Mehrheit der historischen Bevölkerung? Wie überlebten diese Leute in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten und wie konnten sie an Kapital bzw. Kredite kommen?
Aktuelle Projekte
Kredite in einer mittelalterlichen Gesellschaft: Geld und Wirtschaft sind Themen, die heute allgegenwärtig sind. Aber auch das Mittelalter war bereits ganz und gar vom Kreditprinzip durchdrungen. Der Zugang zu Kredit ermöglichte zu normalen Zeiten Investitionen oder Anschaffungen zu tätigen. In Krisenzeiten, wie etwa bei Missernten, war die Möglichkeit finanzielle Engpässe durch Kredite zu überbrücken jedoch überlebensnotwendig. Könige, Adelige und hohe Amtsträger der Kirche konnten sich aufgrund ihres Besitzes mit Leichtigkeit Kredite bei Kaufleuten oder Bankiers ausbedingen. Aber was war mit einfachen Handwerkern, Bauern oder Tagelöhnern? Wie konnten diese Personen, welche die Mehrheit der historischen Gesellschaft ausgemacht haben, an Kredite gelangen, um zu überleben? Welche unterschiedlichen Möglichkeiten gab es dafür? Wie wurden Kredite in einer Zeit abgewickelt, wo nur ein Teil der Bevölkerung lesen und schreiben konnte? Diese und andere Fragen werden in dem Projekt anhand unterschiedlichster Quellen untersucht.
Die kommerzielle Expansion Europas: Der mediterrane Fernhandel (Projekt abgeschlossen): Der Historiker Roberto Lopez prägte den Begriff "Kommerzielle Revolution des Mittelalters", womit er einen starken Anstieg des Handels zwischen 10. und 13. Jahrhundert meinte. Das Projekt untersucht die Frage, wie ein derartiger Fernhandel zwischen europäischen Hafenstädten (Marseille, Montpellier aber auch Genua oder Pisa) und solchen in Nordafrika und im Nahen Osten (Tunis, Ceuta, Akkon, Alexandria) entstehen konnte und wie dieser abgewickelt wurde. Denn neben den rein technischen Problemen, die solche langen Reisen mit sich brachten, mussten die Kaufleute auch mit fremden Handelspartnern kooperieren, Produkte finden, die anderswo nachgefragt waren und eine Zahlungsabwicklung zwischen unterschiedlichen Münzarten ermöglichen. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, warum gerade im 12. und 13. Jahrhunderte mehreren Städten diese wirtschaftliche Expansion gelungen ist und vor allem woher das dafür benötige Kapital stammte.
Thematischer Workshop
Wie fälscht man mittelalterliche Urkunden? Urkunden sind per Definition Texte mit rechtlichem Inhalt. Aber wie lange waren Urkunden rechtswirksam? Und wie konnte man (damals und heute) echte von unechten Urkunden unterscheiden? Diese Problematiken beschäftigen heute nicht nur Historikerinnen und Historiker, sondern waren auch für Menschen im Mittelalter von großer Bedeutung. Gemeinsam mit dem Vortragenden wird anhand praktischer Beispiele erforscht, wie Fälschungen hergestellt wurden und wie diese erkannt werden können.
Zielgruppe: AHS (SEK II)
Dauer: 2 UE
Ort: Real
Auszug aus dem wissenschaftlichen Werdegang
Stephan Nicolussi-Köhler hat 2012 das Diplomstudium im Fach Geschichte an der Universität Wien abgeschlossen. Von 2013 bis 2014 war er externer Dozent an der Universität Wien. Während des Doktoratsstudiums war Stephan Nicolussi-Köhler von 2014 bis 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter (Praedoc) am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Universität Mannheim; es folgten mehrere Forschungsaufenthalte in Marseille, Montpellier und Paris. Die Promotion im Fach Mittelalterliche Geschichte zum Thema der Entwicklung des südfranzösischen Fernhandels im 12. und 13. Jahrhundert erfolgte 2018 an der Universität Mannheim. Die Arbeit wurde 2022 mit dem Jubiläumspreis des Böhlau-Verlages der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet.
Anschließend war er von 2018 bis 2021 Post-Doc Mitarbeiter im von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) geförderten Projekt „Kleinkredit und Marktteilhabe“ an der Universität Mannheim. 2021 wechselte er als Universitätsassistent (Postdoc) an das Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie (Arbeitsbereich Geschichte des Mittelalters und Historische Hilfswissenschaften) an der Universität Innsbruck, wo er seit 2022 eine Stelle als Assistenzprofessor innehat. Seine aktuelle Forschung befasst sich mit vormodernen Kreditmärkten und der Bedeutung von Kleinkrediten und Pfandleihe im Alpenraum. Er ist unter anderem Mitglied der GSWG (Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte), EHS (Economic History Society), GIRO (Medieval Finance Network), und des „Arbeitskreises für Spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte“.