

Einblicke in aktuelle Forschungsthemen gewinnen und Wissenschaft hautnah erleben - das ist das Ziel der Initiative Wissenschaftsbotschafter/innen. Dabei verfolgt die Initiative einen besonders niederschwelligen Ansatz: Forschende besuchen Schulen, führen Workshops durch und treten mit Kindern und Jugendlichen in den Dialog. Der Effekt ist ein doppelter: Junge Menschen erhalten spannende Einblicke in aktuelle Wissenschaft – und Forschende lernen, ihre Inhalte an unterschiedliche Zielgruppen anzupassen.
Hannah Riedl ist Musiktherapeutin und Senior Scientist an der mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Seit Anfang 2024 engagiert sie sich als Wissenschaftsbotschafterin. Eindrucksvoll schildert sie, wie sie mit Schüler/innen über ihr Fach ins Gespräch kommt. „Ich frage die Schüler/innen meist am Anfang, was ihnen zu Musiktherapie einfällt". Sie erhalte die unterschiedlichsten Antworten. Ausgehend von diesen Assoziationen vermittelt sie den Schüler/innen, wo Musiktherapie zum Einsatz kommt – und was den Beruf dahinter ausmacht.
Auch Malte Kob, Professor für Stimmforschung, und bereits seit August 2023 als Wissenschaftsbotschafter aktiv, bringt seine Expertise in die Schule. In Workshops zur Raumakustik und zur Physik der Singstimme knüpft er an Alltagserfahrungen der Jugendlichen an: „Was fällt euch an diesem Klassenraum auf, wenn ihr klatscht und ruft, und wie ist es im Vergleich dazu in einem hallenden Raum, z. B. einem Flur?“ Der direkte Bezug zur Umgebung macht die Theorie greifbar – und Malte Kob demonstriert sogar physikalische Zusammenhänge mit seiner eigenen Stimme.
Was die Schüler/innen lernen – und die Forschenden auch
Für Anna Wukovits-Zethner, zuständig für Wissenschaftskommunikation an der mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, ist die Initiative ein Schlüssel zur Partizipation: „Durch die an die Altersstufen angepassten Workshops werden auch Kinder und Jugendliche erreicht, die nicht aus wissenschaftsinteressierten Familien stammen. Interesse und Bewusstsein für Wissenschaft und Forschung werden geweckt, indem z. B. vermittelt wird, wo ein Forschungsfeld im Leben der Schüler/innen präsent ist.“ Zusätzlich ermöglicht der direkte Dialog auf Augenhöhe, und die Wahrnehmung von Forschenden als Menschen mit Stärken und Schwächen ein realistischeres Bild von Forschung. So wird Wissenschaft nicht nur zugänglich, sondern auch menschlich.
Doch auch für die Vortragenden ist der Schulbesuch lehrreich. Die Schulbesuche sind “ein unglaublich gutes Training, weil es Improvisation erfordert und so anders ist als der Ablauf einer Lehreinheit an der Universität.” sagt Malte Kob. Hannah Riedl ergänzt: „Ich halte das für essenziell, auch hinsichtlich der eigenen Lehrtätigkeit an der Universität."
Gegen Wissenschaftsskepsis – mit Neugier und Dialog
Anna Wukovits-Zethner betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit, “…möglichst früh in der Schule anzusetzen. Kinder und Jugendliche sind potenzielle Multiplikator/innen und können möglicherweise in ihren Familien etwas bewirken”. Hannah Riedl erlebte die Schüler/innen bisher als äußerst neugierig, und hat “Wissenschaftsskepsis bei Kindern und Jugendlichen bisher nicht erlebt”.
Zukunft der Wissenschaftskommunikation an der mdw
Die mdw verfolgt ambitionierte Pläne, die auch die stärkere Einbindung von Studierenden umfassen: „Wissenschaftskommunikation sollte als ernstzunehmender Teil der Forschung anerkannt werden“, betont Hannah Riedl.
Die Initiative Wissenschaftsbotschafter/innen zeigt eindrucksvoll, wie ein solcher Perspektivwechsel gelingen kann – mit Offenheit, Kreativität und echtem Interesse am Dialog.
Das ganze Interview mit Hannah Riedl, Malte Kob und Anna Wukovits-Zethner ist im mdw-Magazin am 28. April 2025 erschienen.